Frosch und Tigerente

(Janosch)

Einmal sagte der Frosch zu der Tigerente:
„Ach bitte, darf ich dich ein wenig küssen?“ Die Tigerente antwortete nicht, denn sie war ja aus Holz.
Da rutschte der Frosch näher zu ihr und stieß sie dabei mit der Pfote an. So daß sie mit einem Rad quietschte:
„Rühiiit …“
„JA!!“ rief der Frosch.
„Oh, sie hat JA gesagt“, und er fing sofort an, sie ein wenig zu küssen. Nach Art der Frösche: ziemlich heftig. Die Tigerente ließ ihn gewähren (denn sie war ja aus Holz), so daß er meinte, sie habe sich in ihn verliebt, und darum fragte er sofort weiter, ob sie denn seine Frau werden wollte. Dabei ließ er sie los, sie rollte ein bißchen, und das Holz knarzte:
„Rrrrrr … harr.“
„FREILICH! Oh, sie hat FREILICH JA gesagt“, jubilierte der Frosch, nahm sie sofort bei der Schnur und fuhr sie heim. Heim in das Reich seines Vaters, der unten im Teich ein König war. Die Tigerente folgte ihm, sie mußte ohnehin dorthin gehen, wo die Schnur sie hinzog. Denn sie war ja aus Holz.

Wenn es bergauf ging, trug der Frosch die Tigerente auf seinen Händen. Nach Art der alten Kavaliere, denn sie war eine Dame.
Für den Frosch.
Oben zeigte er ringsum, soweit sein Finger reichte, und quakte:
„Alles das da, was du hier nicht sehen kannst, denn es befindet sich unter dem Wasser, gehört dir und mir, denn es gehört meinem Vater. Dort werden wir wohnen, und wir passen auch gut zusammen, denn ich bin ein Wassertier und du bist ein Wassertier.“

Als es bergab ging, quakte der Frosch:
„Bergauf habe ich dich getragen, bergab kannst du mich tragen, denn wir sind schon so gut wie Mann und Frau. Einmal ich dich und einmal du mich, getragen.“

„Kannst du schwimmen?“ fragte der Frosch.
„Na klar kannst du schwimmen, du bist ja aus Holz.“ Und er zog seine Unterwassertracht an
… und schipp!! ging es mit einem gewagten Sprung in die Tiefe. Heimwärts.
Beide zusammen.
„Du kannst wohl nicht so gut tauchen, was?“ quakte der Frosch. Denn die Tigerente zog ihn nach oben. Holz zieht unter Wasser immer nach oben. Und er band sich die Schnur fester um das Handgelenk.

„Ein Fahrrad. Kannst du es sehen?“ sagte der Frosch.
„Damit fuhr ich neun Jahre in die Schule. War alles unnötiger Quatsch dort.
Hab nichts dazugelernt.“
„Vaters Buick, amerikanisches Modell. Kaum gefahren, Vater kann gar nicht Auto fahren …
Vater hat 13 Autos. Alles unnötiger Mist. Was braucht ein Frosch ein Auto, weißt du …

Da hinten: Vaters Schloß! Kannst du es sehen … voller Glimmer, Flimmer und schimmelig gepolstert …“
Er hatte die Tigerente im Schwitzkastengriff untergehakt, den Kopf unter dem Arm, denn je tiefer Holz unter Wasser kommt, um so mehr zieht es nach oben.

Als sie in Vaters Schloß kamen, breitete der Frosch die Arme aus, um seinen Vater zu begrüßen
… dabei hat er wohl die Tigerente losgelassen, und sie entschwand nach oben. Holz bleibt nicht unter Wasser. Holz schwimmt lieber oben. Der Frosch sofort hinterher. Ein starker Wind trieb sie ans Ufer, der Frosch konnte kaum folgen.
Und als er sie aus dem Wasser zog, quietschten und knarzten die Räder, und der Frosch vermeinte zu verstehen, sie habe gesagt, sie liebe ihn wohl, würde aber lieber hier oben in einem kleinen Zimmerchen mit ihm wohnen …
„O ja“, quakte der Frosch,
„o ja, das möchte ich auch.“ Und er mietete im Entendorf, genau neben der Tauchstation, so ein kleines Zimmerchen, denn das war Zeit seines Lebens schon immer sein Traum gewesen: mit einer Dame an einem freundlichen Gewässer in einem Zimmerchen mit rosa bemalten Wänden wohnen und nichts arbeiten müssen.
Und gleich daneben die Tauchstation. Und so lebten sie ziemlich lange und glücklich zusammen …
… was den Frosch betraf.